Tutima Glashütte: Die Rückkehrer

Tutima Glashütte: Die Rückkehrer

Wenn man das Tutima-Gebäude in Glashütte betritt, hat man im ersten Moment nicht das Gefühl, dass es hier nur um die nüchterne Produktion von Uhren geht. Das Ambiente verbreitet pure Wohlfühlatmosphäre.
Antje Heepmann bei Tutima Glashütte

Das gilt auch für die Ateliers, in denen konstruiert, gefertigt, montiert und finissiert wird – auch einzelne Komponenten entstehen hier. Weit entfernt von den meist eher kühl eingerichteten Uhrenwerkstätten, arbeiten bei Tutima in Glashütte die rund 30 Mitarbeiter an Werktischen aus dunklem Holz, wodurch die lange Tradition der Uhrmacherkunst auf einen Blick erfasst werden kann.

2008 hat Tutima dieses Domizil in der früheren Bahnhofsmeisterei von Glashütte, in unmittelbarer Nähe zur historischen Manufaktur gelegen, gekauft und 2011 eröffnet. Damit fand der Uhrenhersteller und Familienbetrieb aber nicht eine neue Heimat, sondern kehrte zurück zu seinen geografischen Wurzeln.

Tutima-Manufaktur in Glashütte
Tutima-Manufaktur in Glashütte
Blick in die Tutima-Werkstatt in Glashütte
Blick in die Tutima-Werkstatt in Glashütte

Denn bereits 1927 begann die Geschichte von Tutima, in einer Zeit des Aufbruchs in Gesellschaft, Kunst, Kultur und Wissenschaft – auch in Glashütte. In der Uhrenstadt sorgten die Goldenen Zwanziger für Optimismus und den Mut, Neues zu wagen.

Dr. Ernst Kurtz

Und so entstanden die Uhren-Rohwerke-Fabrik Glashütte AG (UROFA) und die Uhrenfabrik Glashütte AG (UFAG). Beide wurden gegründet und bis zu ihrem Ende 1945 geführt von Dr. Ernst Kurtz (links), einem Juristen, der schnell erkannte, dass nicht der damals noch weitverbreiteten Taschenuhr, sondern vielmehr der Armbanduhr die Zukunft gehören würde.

Schnell mussten seine besten Modelle den Vergleich mit denen Schweizer Marken nicht scheuen. Wegen ihrer besonderen Halt- und Belastbarkeit erhielten sie in den 1930er-Jahren den Titel „Tutima“, abgeleitet vom lateinischen Wort für „sicher“. Ihre Qualität und ihr Vertrieb – schon damals nur über ausgewählte Fachgeschäfte – sicherten der Marke Tutima ihren ausgezeichneten Ruf. Damals arbeiteten rund 1.000 Menschen für die UROFA-UFAG.

Motiv aus dem Tutima-Katalog von 1937
Motiv aus dem Tutima-Katalog von 1937

Weniger sicher waren damals die politischen Verhältnisse. So wurde diese Erfolgsgeschichte durch den Zweiten Weltkrieg beendet und nach dessen Ende nicht wieder fortgesetzt beziehungsweise anders fortgeführt.

Einen Tag vor dem Kriegsende wurde Glashütte von sowjetischen Fliegern bombardiert, und die Fertigungsanlagen wurden schwer beschädigt. Kurtz rettete sich mit einigen Mitarbeitern in die amerikanische Besatzungszone nach Franken und baute mit den Anlagen einer dort befindlichen Glashütter Niederlassung die Uhrenfabrik Dr. Kurtz auf, die er später nach Ganderkesee bei Bremen verlagerte.

Nicht nur fachlich lebten die alten Zeiten wieder auf: Die Rohwerkefabrik erhielt den Namen Nurofa – Norddeutsche Uhren-Rohwerkefabrik, und die Zifferblätter trugen den Namen Glashütter Tradition.

1954 war dann ein entscheidendes Jahr – nicht nur, weil Deutschland erstmals Fußball-Weltmeister wurde. Ein junger Mann führte erfolgreich ein Bewerbungsgespräch – bei Nurofa. Er bekam den Job. Sein Name: Dieter Delecate. Die Geschicke der Tutima-Uhren sollten seitdem untrennbar mit ihm verbunden bleiben.

„Schon an meinem ersten Tag erzählte er mir von Glashütte und Tutima“, erinnert sich Delecate an seine erste Begegnung mit Dr. Ernst Kurtz, die offensichtlich prägend war.

1957 gründete er einen eigenen Uhrengroßhandel und 1960 die Dieter Delecate Uhrenfabrikation in Ganderkesee, aus der später die Tutima Uhrenfabrik GmbH wurde. Im selben Jahr erwarb er die Rechte an dem Namen Tutima, den er 1970 als Marke schützen ließ.

Und dies war ganz im Sinne des ursprünglichen Gründers. Delecate besitzt einen privaten Brief, in dem Kurtz schreibt: „Ich betrachte Dieter Delecate als meinen Nachfolger.“

Unter dessen Ägide wurde Tutima Glashütte zu einer international erfolgreichen Marke. Dabei setzte er stets auf die Kraft und die Weitsicht eines Familienunternehmens.

Heute sind seine Kinder Jörg und Ute Delecate als Gesellschafter aktiv. Unterstützt werden sie seit Anfang 2025 von dem erfahrenen Uhrenmann Matthias Stotz, welcher die Aufgabe des CEO übernommen hat.

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