Die Entscheidung ist gefallen: Der Pôle Horloger inklusive Parmigiani Fleurier wird nicht verkauft
Bereits seit geraumer Zeit gab es das Gerücht, dass die Sandoz-Stiftung den sogenannten Pôle Horloger zum Kauf anbieten würde. Offizielle Verlautbarungen dazu hatte es bislang nie gegeben, dennoch – oder wahrscheinlich deswegen – brodelte die Gerüchteküche gewaltig.
Bild links: Antje Heepmann beim Besuch der Manufacture Fleurier im Jahr 2023.
Bis zu der Vermutung, dass der Luxusgüterkonzern an der Ansammlung an Spezialisten für die Uhrenteile- und Uhrwerksproduktion sowie der Marke Parmigiani Fleurier interessiert sei.
Verdenken konnte man dies dem französischen Unternehmen nicht. Ende letzten Jahres äußerte sich dann Frédéric Arnault (damals Chef der LVMH-Uhrendivision) gegenüber der Schweizer Handelszeitung wie folgt:
„Richtig ist, dass wir da sehr gute Beziehungen haben. Aber aufgrund unseres industriellen Set-ups, das schon konsequent ist, besteht kein Interesse an Vaucher, wir haben deshalb kein Angebot gemacht.“
Damit war klar, dass es ein Kaufangebot seitens der Sandoz-Stiftung gegeben hatte. Dies bestätigte die Stiftung jetzt auch gegenüber einigen schweizerischen und französischen Medien. Doch nun habe man sich dafür entschieden, den Uhrenbereich zu behalten. Ob sich einfach kein Käufer fand oder veränderte Rahmenbedingungen zu diesem Entschluss führten, wurde nicht erläutert.
Kompetenzzentrum Pôle Horloger

Das 1996 von der Sandoz-Stiftung 1996 gegründete Kompetenzzentrum für Handwerk und Industrie vereint alle Fertigkeiten, die für die Uhrenherstellung benötigt werden:
Von der Spiralfeder über das Werk bis zu Gehäuse und Zifferblatt fügen sich alle Glieder zusammen, um eine vertikalisierte, unabhängige Manufaktur zu bilden.
Dazu gehören der Gehäusehersteller Les Artisans Bôitiers und der Zifferblattproduzent Quadrance et Habillage in La Chaux-de-Fonds genauso wie Atokalpa, Spezialist für sämtliche Räderwerk-Bestandteile, und Elwin, Hersteller von Drehteilen und spezifischen, komplexen Komponenten, die höchste Präzision voraussetzen.

Hinzu kommt die renommierte Vaucher Manufacture Fleurier. Die Manufaktur entwickelt mechanische Uhrwerke mit Hand- und Automatikaufzug sowie zusätzliche Module. Hier entstehen Werke für die zum Pôle Horloger gehörende Marke Parmigiani Fleurier, aber auch für andere Luxusuhrenmarken wie Audemars Piguet, Richard Mille, Hermès und TAG Heuer.
Hermès kann Anteil an der Vaucher Manufacture erhöhen
Eine Änderung gibt es doch. Der Hermès-Konzern hält seit 2006 25 Prozent an dem Uhrwerks-Spezialisten und könnte diese nun unter bestimmten Voraussetzungen ausbauen, teilt die französische Tageszeitung Le Temps mit.
Bekenntnis zur Schweizer Wirtschaft …
… und zur Zukunft der Industrie als Ganzes. So lautet die offizielle Begründung für die Entscheidung, den Pôle Horloger als Teil der Sandoz-Stiftung zu behalten.
Nach sorgfältiger Prüfung der Übernahmemöglichkeiten durch potenzielle Käufer haben die Verantwortlichen der Stiftung beschlossen, den Uhrenbereich nicht zu veräußern, sondern dass dieser „im Interesse der Kunden und der Schweizer Uhrenindustrie unabhängig verwaltet“ werden soll, hieß es in einer Mitteilung vergangene Woche.
Zudem hätten sich in den zurückliegenden Jahren „realistische Perspektiven“ für den Pôle Horloger ergeben, um die „ernsthaft defizitäre Situation umzukehren“.
Im Fall von Parmigiani Fleurier ist dies sicher auch auf Guido Terrezurückzuführenren, welcher die Uhrenmarke seit 2021 als CEO leitet und vor allem mit der Einführung der Kollektion „Tonda PF“ für äußerst positive Impulse gesorgt hat.

Im vergangenen Jahr sagte er: „Nun, fast drei Jahre später, bin ich glücklich und stolz, dass es unseren Teams gelungen ist, das Umsatzvolumen zu verfünffachen und das Volumen zu verdreifachen. 2023 war ein Rekordjahr für uns, und wir sind endlich profitabel.“
Jetzt bestätigt die Sandoz-Stiftung die verbesserte finanzielle Gesundheit und gute Entwicklungsaussichten trotz der schwierigen Wirtschaftslage.
Allerdings hätten die Übernahmegespräche gezeigt, dass die historische Rechtsstruktur des Pôle Horloger eine „Übertragung unter marktüblichen Bedingungen“ nicht zugelassen hätte. Deshalb habe man beschlossen, den Geschäftsbereich innerhalb der Stiftung fortzuführen.
Die Ursprünge der Sandoz-Stiftung gehen auf die Familie Sandoz zurück, die 1866 das Chemieunternehmen Sandoz in Basel gründete.