Torschluss-Panik? Schweizer Uhrenmarken kämpfen um ihren wichtigsten Markt und füllen im Juli die US-Läger massiv auf
Im Juli stiegen die Exporte der Schweizer Uhrenindustrie im Vergleich zum Vorjahresmonat um 6,9 Prozent auf 2,4 Milliarden CHF. Die ausgeführten Mengen blieben mit 1,4 Millionen Einheiten (+0,3 %) stabil.
Der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie FH kommentiert diese Entwicklung als „Erholung durch Unsicherheiten in den USA“.
Dies kann getrost als Beschönigung bezeichnet werden, denn ohne die Exporte in die USA wären die Ausfuhren wertmäßig um 0,9 Prozent zurückgegangen.
Die gesamte Schweizer Exportwirtschaft hat im Juli sogar 2,7 Prozent weniger beziehungsweise Waren im Wert von 22,2 Milliarden CHF ins Ausland verkauft, wie das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) am Donnerstag mitteilte.
Schweizer Uhrenexporte in die USA wachsen um 45 Prozent
Im Juli 2025 lagen die Schweizer Uhrenexporte wertmäßig sage und schreibe 45 Prozent über denen im Juli 2024.
Was im ersten Moment wie eine gute Nachricht erscheint, ist der Vorbote für harte Zeiten für die Swiss-Made-Uhrenersteller. Denn seit dem 7. August belegen die USA die Schweizer Uhren und fast alle anderen eidgenössischen Produkte bei der Einfuhr mit einem Zoll in Höhe von 39 Prozent.
Bereits seit der Ankündigung der US-Zölle Anfang April stiegen die Exporte der Schweizer Marken in den US-Markt explosionsartig an. „Je nach Marke und Modell haben wir für mindestens drei bis sechs Monate Lagerbestand“, sagte Swatch-Group-Chef Nick Hayek gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Damit haben sich er und seine Mitbewerber Zeit erkauft, in der sie die VK-Preise stabil halten können.
Gefüllte US-Läger verlagern das Problem nach hinten
Sind die jetzt gut gefüllten Läger geleert, dann haben die Swiss-Made-Uhrenhersteller bezüglich USA zwei Möglichkeiten: geringere Marge oder höhere Endkundenpreise. Oder eine Mischung aus beidem als dritte Option. Ignorieren und Aussitzen sind nicht möglich. Denn die USA sind aktuell der größte Einzelmarkt der Schweizer Uhrenindustrie, welcher zudem auch vor dem Zoll-Chaos stetes Wachstum verzeichnete.
Die USA waren damit Hoffnungsträger in Zeiten anhaltender Schwäche in China und Hongkong. Im Jahr 2024 wurden 17 Prozent aller Schweizer Uhren im Gesamtwert von etwa vier Milliarden CHF in die USA exportiert.
Die WirtschaftsWoche zitiert Breitling-CEO Georges Kern: „Der US-Markt ist unser wichtigster Markt und macht 20 bis 25 Prozent unseres globalen Umsatzes aus. Wir gehören zu den drei führenden Uhrenmarken dort und betreiben über 40 Boutiquen in den Vereinigten Staaten.“
Wenn es Preiserhöhungen für den Endkunden geben wird, dann ist für ihn übrigens klar, dass diese weltweit erfolgen müssen:
„Man kann effizienter werden. Man kann mit einer geringeren Marge operieren. Und man kann die Preise erhöhen“, zitiert die NZZ den Breitling-Chef. Das sollte seiner Meinung nach in allen Märkten geschehen – und 40 Prozent (Anm. d. Red.: hier ist der Export-, nicht der VK-Preis gemeint) auf einmal in den USA seien nicht umsetzbar. „Das würde den Markt abwürgen.“
„Diese Zölle zerstören unser Geschäft. “ Mit diesen Worten zitiert die NZZ Gabriel Allen, Chef des Uhrenhändlers Watches Off 5th. Zehn Prozent wären verkraftbar, meint er, da Käufer und Händler in der Regel je die Hälfte übernehmen würden. „Aber 39 Prozent sind zu viel, selbst wenn man sie sich aufteilt.“
Die Schweizer Uhrenindustrie und der Rest der Welt
Während also die Exporte in die USA im Juli explodierten, verzeichnete unter anderem Deutschland (-14,7 %) einen deutlichen Rückgang, gefolgt von Japan (-10,1 %), Italien (-9,1 %), China (-6,5 %). Hongkong (+4,6 %) und Singapur (+14,8 %) erzielten Zuwächse, während Großbritannien stabil blieb (+0,2 %).
Was ging, was ging nicht
Uhren aus Edelmetall (+5,3 %), Stahl (+9,1 %) und Bimetall-Modelle (+16,9 %) waren die Haupttreiber des weltweiten wertmäßigen Exports. Stahl (+12 %) und Bimetall-Uhren (+24,6 %) verzeichneten ein starkes Wachstum, während Uhren aus Edelmetall (±0 %) und anderen Metallen (+1,6 %) ihr Volumen hielten. Uhren aus Anderen Materialien verzeichneten hingegen einen starken Rückgang (-23,1 %).
Uhren mit einem Exportpreis zwischen 200 und 500 CHF (+7,3 %) und Uhren über 3.000 CHF (+9,4 %) verzeichneten ein weiteres Wachstum, derweil die Kategorie der Uhren unter 200 CHF (Exportpreis) um 1,9 Prozent schrumpfte.