Kolumne: So long Basel, hello Geneva!

Nur noch wenige Tage, dann öffnet am 1. April der Genfer Messekomplex Palexpo seine Hallen für die Watches & Wonders 2025. Und die Uhren-Community scharrt bereits mit den Hufen: Kein Wunder – oder Wonder (sorry, der musste sein ;-)): Bietet das ehemalige Richemont-Only-Event (SIHH) eine stetig wachsende Bandbreite an hochwertigen Uhrenmarken und Programmpunkten.

60 an der Zahl sind es mittlerweile, nach 54 Ausstellern im vergangenen Jahr. Und mit MeisterSinger wächst auch die (noch) kleine Schar deutscher Aussteller. Ich wette aber, dass so einige Made-in Germany-Marken dem Uhren-Geschehen kommende Woche in Genf einen Besuch abstatten werden. Dem heiligen Luxustempel Palexpo wird man vielleicht mehr aus Neugier eine Stippvisite zuteilwerden lassen, aber da gibt es ja noch mehr.

Neben Hotel- und Boutique-Ausstellungen wird wohl vor allem die Time to Watches ins Visier der Uhrenmarken aller Herren Länder aus dem unteren und mittleren Preissegment ins Visier geraten.

Denn dieses Side-Event, welches bereits zum fünften Mal parallel zur Watches & Wonders stattfindet, hat die Nähe zur großen Schwester gesucht und gefunden. Und zwar in der Villa Sarasin in unmittelbarer und fußläufiger Nachbarschaft auf dem Palexpo-Gelände.

Über 70 Marken geben sich dort ein Stelldichein. Marken, die Luxus auf andere Art definieren als die meisten Aussteller der Watches & Wonders und welche auch für mehr Menschen erschwinglich sind.

Herrlich! Und damit meine ich genau diesen Mix aus den verschiedensten Uhren- und Branchensegmenten, aber auch die – zumindest nach außen – friedliche Koexistenz von der eher formellen Watches & Wonders, der im besten Sinne lässigen Time to Watches und den individuell agierenden Hotel- und Boutique-Ausstellern.

Fast kommt ein wenig Basel-Wehmut auf. Denn auch wenn stets viel und leidenschaftlich über die Weltmesse für Uhren und Schmuck, welche 2019 ihren Hut nahm, geschimpft wurde: zu teuer, zu arrogant, zu wenige Hotelzimmer, zu hohe Preise für Bier und Bratwurst, irrsinnig hohe Investitionen in eine fragwürdige Architektur … irgendwie wird sie dennoch von einem Großteil der Branche sehr vermisst. Noch immer!

Ich gestehe, auch ich spreche noch über sie. Natürlich auch über die fantastischen Partys, das abendliche Bier auf dem Messeplatz oder die illustren Abende nach Messeschluss.

Gefühlt traf man irgendwann und irgendwo in oder um Basel herum alle Bekannten aus der Branche – und lernte viele neue zukünftige Kontakte kennen.

Der Baselworld Blues

Guido Grohmann, Geschäftsführer des Bundesverbands Schmuck, Uhren, Silberwaren und verwandte Industrien e. V. (BVSU), brachte dieses Gefühl vor drei Jahren, als die Entwicklung der Genfer Uhrenwoche noch nicht abzusehen, das Ende der Baselworld aber längst besiegelt war, wunderbar als „Baselworld Blues“ auf den Punkt:

Guido Grohmann
Guido Grohmann, BVSU-Geschäftsführer

„Und mitten in dieser großen Posse aus berechtigtem Ärger, Überheblichkeit, Eitelkeit und Trotz kommt der Großteil der weltweiten Branche mit unter die Räder und kann nur zuschauen, wie die Leader der Branche und die Messegesellschaft ihr eigens errichtetes Epizentrum des Marketings zerstören und sich gegenseitig die Vorwürfe zuschieben.“

„In meinen Augen ist es auch egal, wer zuerst mit dem Schippchen geschmissen und wer wem sein Förmchen nicht zurückgegeben hat.

Guido Grohmann (Geschäftsführer BVSU) im Jahr 2022

Aber, so Grohmann damals weiter: „Fakt ist, dass die Branche ihre größte Möglichkeit zum umfassenden Networken im Jahr verloren hat. Für Schmuck und Edelsteine gibt es viele Messen im Jahr, dieser Teil der Branche wird sich nach Corona schnell arrangieren können. Für die Uhrenbranche wird es schwer, denn ein Ersatz für die gesamte, bunte, weltweite Vielfalt der Branche ist nicht am Horizont auszumachen. (…) Das wird allen Branchenteilnehmern schaden, den Großen und den Kleinen. Zurückhaben möchten die Baselworld aktuell trotzdem die wenigsten. Der Schmerz sitzt zu tief, die Skepsis ist zu groß.“

„So long my dear friend Baselworld, I used to hate you, and I still love you.”

Guido Grohmann (Geschäftsführer BVSU) im Jahr 2022

„Genug der Melancholie und des Blicks zurück! Die Genfer Uhrenwoche steht bevor! Und ich freue mich darauf! Und Guido Grohmann sicher auch!“

Antje Heepmann (Uhrenjournalistin) im Jahr 2025

Es gibt übrigens noch jemanden, der die Baselworld schmerzlich vermisst – und noch keine Alternative in Sicht hat. Die Baseler Messebetreiberin MCH Group. Von 2017 bis 2014 fuhr das Unternehmen, dessen Hauptaktionäre der Kanton Basel-Stadt und der amerikanische Milliardär James Murdoch sind, lediglich Verluste ein. 420 Millionen CHF, um genau zu sein. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete man zwar ein kleines Plus von drei Millionen CHF, allerdings auch nur aufgrund von Versicherungsentschädigungen in Höhe von 3,6 Millionen CHF.

Seit dem Ende der Baselworld, welche seinerzeit 85 Prozent des Konzernergebnisses beisteuerte, ist es der MCG Group nicht gelungen, ein entsprechendes Nachfolge-Event auf den Weg zu bringen. Die meiste Zeit des Jahres stehen die Hallen leer.

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