Anti-Greenwashing-Gesetz gestoppt? Was bedeutet das für Uhren und Schmuck

Die EU-Kommission war gerade dabei ein neues Umweltgesetz zu verabschieden, dass zum Schutz der Verbraucher gegen Greenwashing vorgehen soll. Nun wurde der Gesetzesvorschlag kurz vor der Verabschiedung gestoppt. Was bedeutet das und wie kann man sich eigentlich beim Kauf von Schmuck und Uhren vor Greenwashing schützen?

Links: Nachhaltigkeit, der Umwelt zuliebe. Ein EU-Gesetz gegen Greenwashing wurde (vorerst) auf Eis gelegt. © Noah Buscher/ Unsplash.com

Strafen für falsches Umwelt-Marketing

Als Greenwashing bezeichnet man, wenn ein Unternehmen mit umweltfreundlicher, ressourcenschonender oder emissionsarmer Produktion wirbt, obwohl das gar nicht zutrifft. Das ist allemal wert, durch offizielle Gesetze reguliert und abgestraft zu werden, denn es würde uns als Verbraucher künftig davor schützen, irgendwelchen falschen Behauptungen oder bedeutungslosen Gütesiegeln auf den Leim zu gehen. 

Es wäre also begrüßenswert, wenn wir in der EU ein solches Gesetz hätten. Der Bedarf ist da. Eine Studie der EU-Behörde aus dem Jahr 2020 hat ergeben, dass mehr als die Hälfte der Angaben für Waren irreführende, vage oder unbegründeten Angaben zu Klima- und Umweltfreundlichkeit mit sich brachten. 

Umweltgesetz auf Eis?

Nun wird das Anti-Greenwashing-Gesetz erst einmal nicht kommen. Genauere Angaben gibt es nicht, aber Kritiker des aktuellen, abgelehnten Gesetzesentwurf behaupten, der Entwurf sei zu schnell entstanden und würde manche Folgen des Gesetzes nicht berücksichtigen. Außerdem soll das Umweltgesetz sehr viel Bürokratie mit sich bringen, das vor allem kleine Einrichtungen stark belasten könnte. Kann es wirklich so schwer sein, zu prüfen, ob ein grünes Umweltsiegel zurecht auf dem Produkt prangt oder nicht?

Es bleibt nur zu hoffen, dass an den Argumenten gegen die schnelle Verabschiedung etwas dran ist und wir bald ein besseres, refomiertes Gesetz bekommen. Und wie gehen wir in der Zwischenzeit mit unserem eigenen Konsum um, wenn es aktuell weniger Verbraucherschutz gibt?

Die Falle des Feel-good-Marketings

Gutes Marketing hat eine wahnsinnige Macht. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass die ersten Marketing-Spezialisten aus dem Feld der Psychologie kamen. Produkte sollen uns schöner, erfolgreicher, selbstbewusster, attraktiver, glücklicher machen. Das gilt direkt oder indirekt für fast alles, angefangen beim Geschirr in der Küche über die neuen Schuhe bis hin zum Parfum und zum Auto. 

Mehlstaub, Schweiß und echte Arbeit: Bilder wie diese lösen positive Emotionen aus und werden nur allzugern im Marketing verwendet. Selbst, wenn es gar nicht stimmen sollte. © Maite Paternain/ Unsplash.com

Das Bedürfnis, sich etwas Schönes zu gönnen ist groß und weil es den Wunsch nach einer bestimmten Sache eben nunmal gibt, glauben wir auch allzu leicht den Versprechen aus der Werbung. Obwohl wir es eigentlich wissen müssten, dass es nicht möglich ist, ein Massenprodukt unter solchen Umständen zu produzieren, glauben wir trotzdem gern, dass jeder Laib Brot mit Liebe gebacken wurde, jedes Huhn, das unsere Eier legt, friedlich über eine grüne Wiese spaziert und dass Arbeiter in Kaffee- und Kakaoplantagen noch neben der Arbeit das schöne Wetter genießen.

Das alles ist natürlich ein bisschen überspitzt formuliert – aber im Kern stimmt es schon. Bilder von Omas Backstube, Zitate von freundlich-weise nickenden Zahnärzten (engagiertem Schauspieler sei Dank) und grüne Umweltsiegel lösen bei uns ein wohlig-warmes Gefühl aus. Wir wünschen uns, dass es wahr ist und lassen uns davon gern einlullen. Man hätte die Welt eben immer gern als schönen Ort, an dem alles fair und nachhaltig zugeht und gönnt es sich, das gar nicht näher zu hinterfragen. „Wird schon stimmen“, denkt man sich insgeheim – und das Thema ist erledigt.

Nachhaltigkeit ist echter Luxus

Wir bei INSIGHT LUXURY beschäftigen uns ja nahezu täglich mit dem Gedanken, was Luxus eigentlich ist. Schnell wird klar, dass auch Nachhaltigkeit ein echter Luxus ist – und sehr eng mit dem Faktor Zeit verbunden. 

Die Rechnung ist ja im Grunde einfach: Wer mehr produzieren will, muss die Zeit verkürzen, in der das Produkt entsteht. Dadurch kommen immer mehr Maschinen und immer weniger Menschen zum Einsatz, Rohstoffe für das Produkt werden nicht mehr selbst produziert, sondern eingekauft – und diese werden oft produziert in Ländern, wo noch Menschen daran arbeiten, und das ebenfalls sehr schnell, weil Gesetze zum Schutz und zur Gesundheit der Menschen dort möglicherweise nicht so gelten wie bei uns.

Tantalum Trauringe Handgravur
Echtes Handwerk braucht Zeit: Handgravur eines Rings bei Tantalum Trauringe. © Tantalum Trauringe

Zeit ist ein Faktor, der automatisch Luxus generiert, denn auf Schmuck oder Uhren gemünzt – und nun sind wir endlich wieder beim Thema – würde das bedeuten: Zeit aufwenden, Materialien zu finden, die ethisch hergestellt wurden. Ethisch hergestellte Materialien brauchen ebenfalls Zeit: Zeit für Pausen für die Arbeiter, Zeit für einen schonenden Umgang mit der Natur, Zeit für Qualitätskontrolle. 

Zeit fließt außerdem in Ausbildung, Kompetenz, Raum, um sich ohne Druck und Stress zu entfalten, Zeit, Fehler zu beheben, Zeit zu prüfen und zu kontrollieren. Und Personal, das sorgfältig und fehlerfrei arbeitet, sollte ja auch noch fair bezahlt werden….

Würde ein Unternehmen sich in jedem Schritt der Produktion diese Zeit nehmen oder den Angestellten in der Wertschöpfungskette diese Zeit geben, wären die Kosten sehr viel höher und der Ertrag geringer. Natürlich ist es vielen ein Dorn im Auge, aber den Anschein von Fairness und Nachhaltigkeit möchte man sich eben doch geben. Deswegen ist es naheliegend, bei gewissen Bereichen einfach ein bisschen zu schummeln. Wann, wo und wie viel geschummelt wird, ist und bleibt in vielen Situationen leider total undurchsichtig. Als Einzelperson hat man so gut wie keine Chance, Pfuscherei aufzudecken. Ein Gesetz würde es für bestimmte Einrichtungen und Abteilungen aber möglich machen. 

In der Schmuckbranche betrifft das vor allem zwei Themen: recyceltes bzw. faires Gold und synthetische Diamanten. Unternehmen, die mit diesen Materialien arbeiten, vermarkten sich mit natürlich ebenfalls mit Argumenten von Nachhaltigkeit und ethisch unbelasteter Produktion. Inwieweit diese Behauptungen immer korrekt sind, ist im Moment schwer nachvollziehen.

In der Welt der Uhren wird hingegen gern Material wie Ozeanplastik oder veganes Leder eingesetzt – den dadurch entstehenden reduzierten Co2-Abdruck möchte man natürlich gern nachvollziehen können. Auch Uhren können synthetische Diamanten enthalten, Gehäuse und Bänder für Uhren entstehen außerdem auch aus recyceltem Stahl oder Holz – ebenfalls Faktoren, die einem grünen Marketing natürlich guttun – sofern es korrekt ist.

Faustregeln für nachhaltigen Konsum

Ein paar Faustregeln gibt es auch, die sicherlich bekannt sind, aber an die man sich gelegentlich erinnern sollte:

  • Lokale und kleine Unternehmen haben oft eine weniger komplexe und daher transparentere Lieferkette. Das heißt, bei einem Juwelier, Goldschmied oder Uhrmacher einzukaufen, ist immer die bessere Wahl
  • Durch persönlichen Kontakt entsteht mehr Vertrauen. Ist das Produkt kritikwürdig, kann man sich nicht so einfach hinter einem Pressesprecher verstecken. 
  • hochwertiger Schmuck und Uhren sind oft langlebiger und damit nachhaltiger, weil sie gut repariert werden können
  • sowohl für Uhren als auch Schmuck gibt es einen Gebrauchtmarkt – besonders bei Uhren wird man unter dem Stichwort CPO – certified pre-owned – gut fündig. Schmuck aus Familienbesitz kann man aufarbeiten oder umarbeiten lassen. Versteigerungen über renommierte Auktionshäuser wie zum Beispiel Eppli in Deutschland oder Dorotheum in Österreich bieten eine Auswahl für Schatzjäger
  • Schmuck wird in Deutschland und Österreich oft aus zertifizierten Recycling-Gold hergestellt, auf Nachfrage beim Juwelier bekommt man leicht Auskunft zur Herkunft

Schmuck und Uhren sind teuer, weil sie eines der wenigen Produkte sind, die wir uns im Alltag noch leisten, in die nach den oben genannten Kriterien noch viel Zeit und Mühe geflossen sind. Das trifft vor allem für Eigenanfertigungen von Goldschmieden und für eigene Kollektionen von Juwelieren zu. Der Weg zu einem nachhaltigen Produkt führt meist auch eher über den stationären Handel und weniger über den Online-Handel, den auch hier ist die Nachverfolgbarkeit eher schwierig.

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Nachhaltigkeit ist ein Prozess

Um es abschließend zu sagen: Auch Nachhaltigkeit ist ein Prozess und Nachhaltigkeit existiert auf einem Spektrum. Perfektion ist im Leben allgemein schwer zu erreichen, aber es ist gut zu sehen, wenn Unternehmen sich Jahr um Jahr darum bemühen, besser zu werden. Die Welt steht schließlich nicht still. Einen Status Quo gibt es nicht und immer wieder erreichen uns aus der Forschung und Industrie neue Erkenntnisse darüber, wie man Prozesse umweltfreundlicher gestalten kann. 

Deswegen liegt es am Ende auch am individuellen Ermessen, zu entscheiden, ob ein Unternehmen bereits einen guten Weg geht und Vertrauen verdient hat oder ob es davon noch weit entfernt hat. Wem Nachhaltigkeit besonders am Herzen liegt, der kann im Zweifel aber auch nur eines tun: gar nicht konsumieren. 

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