Mein Schmuck-Monat Mai 2025: Der Kampf um Diamanten und eine Sinn-Suche

Mein Schmuckmonat war durchdrungen von der Suche nach Bedeutung. Ich will verstehen, was den Menschen in Zeiten wie diesen gerade wichtig ist und wie sich das in der Welt des Schmucks niederschlägt. Bewegung im Bereich der Labordiamanten und Diamanten hat im Mai für mich dazu einen Ankerpunkt gebildet. Es wird gegen Ende ein bisschen philosophisch…

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Labordiamanten: Die Branche im Umbruch

Das anhaltende Thema „Labordiamanten vs. Naturdiamanten“ ist für mich nach wie vor nicht so einfach zu bewerten. Ich verstehe vollkommen die Idee, dass mit den synthetischen Diamanten etwas Schönes, das Freude macht, auf einmal sehr viel mehr Menschen zugänglich wurde. Das kann man zumindest für Konsumenten mal so stehen lassen. 

Im Hintergrund aber brodelt es mit so vielen Faktoren wie Umwelteinflüssen – und zwar auch bei den synthetischen Diamanten und nicht nur den natürlichen – Lieferketten, Arbeitsplätzen, Geschäftsmodellen und so weiter. Jeden Aspekt davon muss man eigentlich einzeln beleuchten. Weil das aber so schwer und aufwändig ist, fällt es uns oft leichter, eine neue Richtung in dieser Entwicklung an ganz großen Ereignissen in der Branche festzumachen. Im Mai waren das tatsächlich zwei:.

Ereignis 1: Die deutschen Industrie-Verbände aus der Schmuck- und Uhrenbranche haben gleich zu Beginn des Monats einen Leitfaden zur korrekten Bezeichnung und Kommunikation mit synthetischen Diamanten herausgegeben, der gleichzeitig eine Mahnung ist. Mit den Steinen aus der Fabrik geht nämlich leider noch allzu oft auch ein falsches Marketing einher, das weder fair gegenüber Kunden ist noch gegenüber den Mitbewerbern, die auf natürliche Diamanten setzen. Aufklärung ist wichtig für beide Bereiche und wird allen Beteiligten – mir inklusive – noch viel Arbeit machen. Jedenfalls: auf der sprachlichen Ebene sollten wir alle bald zu einer echten Einheitlichkeit finden.

Die zweite große Nachricht folgte nur wenige Tage später: De Beers, der größte Diamantkonzern der Welt – stellt seine eigene Linie für Labordiamanten, „Lightbox“ ein – und das nach nur sieben Jahren. Na, wenn das kein Zeichen ist! Vielleicht ist der Hype vorbei. Aber an den Statements der Geschäftsführung von De Beers kann man ablesen, dass es schlichtweg nicht mehr profitabel für das Unternehmen geworden ist. Labordiamanten sind ein billiges Massenprodukt geworden, weswegen der Diamantgigant künftig nur noch die Industrie mit den synthetischen Steinen beliefern will. Das ist wahrlich schon ein großer Einschnitt. Ich erwarte für die Mitbewerber in diesem Bereich, dass sie sich entweder darüber freuen, dass ein Gigant bei synthetischen Diamanten das Handtuch geworfen hat – oder selbst mal in ihre eigenen Bücher schauen, wie profitabel das Ganze eigentlich ist …

Ein tiefer Wunsch nach Beständigkeit

Da liegt nämlich oft die Grenze zwischen den Lieferanten und den Kunden: wenn sich das ganze finanziell nicht lohnt, bekommen die Verbraucher auch das Produkt, das sie gerne hätten, entweder gar nicht oder in einer schlechteren Form. Man wird sehen …

Zeitnah zu dieser Nachricht wurde in den USA auch eine Studie veröffentlicht, laut der die Kunden Labordiamanten zwar akzeptieren, aber natürliche Diamanten bevorzugen würden. Interessant!

Objektiv kann ich beobachten: Natürlich klammern sich Hersteller und Verfechter von natürlichen Diamanten an ihre Ware! Jahrhunderte lang war der geschäftliche Erfolg mit etwas so begehrten wie einem Diamanten einfach garantiert; eine Sicherheit, auf die man bauen konnte. Es ist schwer, mit einer neuen Marktentwicklung konfrontiert zu werden, die diese Garantie infrage stellt. Dahinter stecken ja auch Lebensgrundlagen. Nicht nur für das Ende der Lieferkette, sondern schon ganz zu Beginn in Ländern wie Indien, wo die Diamanten geschnitten und geschliffen werden.

Hinzu kommt: Man sollte kein Produkt verkaufen müssen, hinter dem man nicht steht. Der Wert natürlicher Diamanten kommt von ihrer relativen Seltenheit und von der Tatsache, dass sie über Millionen Jahre in der Geschichte der Erde entstanden sind, durch Zufall entdeckt wurden, weil sie über Flüsse an die Oberfläche gerieten und weil auch die Zusammensetzung und Farbe jedes einzelnen Diamanten einem zufälligen und einmaligen chemischen Ereignis in der Erdgeschichte zu verdanken ist. Das kann man durchaus mal bewundern.

Ich glaube, es stimmt, dass wir Menschen den Diamanten ihren „aufgeblähten“ Wert gegeben haben. Das ist emotional, das ist menschlich.

Ich kenne die Argumente der „Diamantgegner“, die von künstlicher Verknappung und aufgeblähten Preisen reden. Glücklicherweise muss man das Produkt ja nicht kaufen, wenn man nichts davon hält. Ich glaube, es stimmt, dass wir Menschen den Diamanten ihren „aufgeblähten“ Wert gegeben haben. Das ist emotional, das ist menschlich. Wir wollten es so und haben die Preise akzeptiert wegen dem, was der Diamant symbolisiert.

Wir bewundern Dinge, die so alt und so langlebig sind, weil wir selbst nur eine kurze Zeit auf der Erde verbringen. Das ist ziemlich philosophisch, aber die Wahrheit: Wir fühlen uns sehr wohl mit Beständigkeit und mit Dingen, die uns überdauern. Deswegen ist der Diamant auch zum Symbol ewiger Liebe geworden und konnte damit perfekt vermarktet werden – der Vergleich lag einfach zu nahe und ist kulturell gewachsen. Deswegen ist die diamantene Hochzeit ja auch der 60. Jahrestag – quasi ein ganzes Leben, wenn man bedenkt, dass man frühestens mit 18 wirklich heiraten kann.

Symbole für Kultur und Identität

Deswegen ist wohl auch am Ende des Monats ein weiterer Artikel mit einem Diamanten im Fokus ganz interessant gewesen – das haben mir unsere Analytics von Insight Luxury verraten. Die anstehende Versteigerung eines pinken Diamanten, der einst der französischen Königin Marie-Antoinette gehört hat, hat viele Leser angezogen. Ich kann nur spekulieren, woran das liegt. 

Vielleicht denken meine Leser hier ähnlich wie ich: ein an sich schon sehr schöner Edelstein wird noch interessanter durch seine Geschichte. Er ist Zeitzeuge und Teil eines geschichtlich gigantischen Ereignisses, der Französischen Revolution, und ging danach noch durch die Hände vieler adliger Damen aus Europa. Sie waren alle Teil eines – zugegeben sehr elitären – Systems, das die Kultur und Geschichte unseres Landes mitbeeinflusst hat. Deswegen wiegt der Stein in Wahrheit mehr als nur seine 10,38 Karat. Er trägt mit sich das Gewicht von zahlreichen politischen Entscheidungen, Ehebündnissen, Geburten und vielen anderen Ereignissen, die die Geschichte geformt haben. Er bedeutet ein Stück Identität, etwas, wonach wir uns alle sehnen und etwas, das wir brauchen, um sicher und selbstbewusst durch die Welt zu gehen – aber hier spricht sehr stark die Geisteswissenschaftlerin aus mir. 

Mein Fazit

Vielleicht sind die Menschen sich dieser Bedürfnisse nicht so sehr bewusst. Deswegen bin ich hier, um sie zu sehen, sie zu benennen und hoffentlich dadurch zum Nachdenken anzuregen. Schmuck ist immer emotional, das wissen wir. Was ihn emotional macht, ist seine Geschichte. Vielleicht betrachten Menschen synthetische Diamanten geradezu wie einen Alien-artigen Fremdkörper, dem wir keinen Sinn geben können, der keine Bedeutung hat und zu einem Außenseiter wird, weil er (noch) keine Geschichte in sich trägt.

Eine definitive Antwort – ein richtig oder ein falsch – gibt es in dieser Frage vielleicht nicht. Manche Menschen tragen gerne die Geschichte anderer mit sich, manche schreiben gerne ihre eigene Geschichte ganz neu. Schmuck ist für viele ein Weg, einen Anker im Meer der Zeit zu setzen, ein Ereignis festzuhalten. Wer sich bewusst ist, warum er das tut, findet vielleicht mehr Sinn in seinen Käufen – und auch in seinen Verkäufen. Daran zeigt sich für mich, einmal mehr, wie persönlich Schmuck ist – nicht nur, wenn man ihn kauft, sondern welche Art von Schmuck man anderen Menschen als Hersteller und als Händler in die Hände geben will.

Der pinke Diamant von Marie-Antoinette jedenfalls soll für 3 bis 5 Millionen US-Dollar versteigert werden. Ich persönlich wäre nicht überrascht, wenn die finale Summe für den Stein am Ende vielleicht weit höher liegt.

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